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Über das Fasten
Die Jünger des Johannes kamen zu Jesus und sprachen: Warum fasten wir und die Pharisäer, und deine Jünger fasten nicht? Jesus sprach zu ihnen: Wie können die Hochzeitleute Leid tragen, solange der Bräutigam bei ihnen ist? Es wird aber die Zeit kommen, daß der Bräutigam von ihnen genommen wird; alsdann werden sie fasten.
(Mt 9,14+15)
Der HERR sprach zu Mose: Geh hin zum Volk und heilige sie heute und morgen, daß sie ihre Kleider waschen und bereit seien für den dritten Tag; denn am dritten Tage wird der HERR vor allem Volk herabfahren auf den Berg Sinai ... Mose stieg vom Berge zum Volk herab und heiligte sie, und sie wuschen ihre Kleider. Und er sprach zu ihnen: Seid bereit für den dritten Tag, und keiner rühre eine Frau an.
(2.Mose 19,10-15)
Der Mann leiste der Frau die schuldige Pflicht, desgleichen die Frau dem Manne. Die Frau ist ihres Leibes nicht mächtig, sondern der Mann. Desgleichen der Mann ist seines Leibes nicht mächtig, sondern die Frau. Entziehe sich nicht eins dem andern, es sei denn mit beider Bewilligung eine Zeitlang, daß ihr zum Beten Ruhe habt; und dann kommt wiederum zusammen, auf daß euch der Satan nicht versuche, weil ihr euch nicht enthalten könnt.
(1.Kor 7,3-5)
Wir haben das Evangelium gehört, wo Jesus sagt: Jetzt fasten meine Jünger nicht, aber eines Tages werden sie fasten. Auch die Epistel und die alttestamentliche Lesung reden vom Fasten, allerdings von einem ganz besonderen Fasten, nämlich von der ehelichen Zurückhaltung, die der Apostel Paulus für eine Zeitlang empfiehlt, um das Gebetsleben der Eheleute zu intensivieren. Dazu paßt das Stück aus dem 2. Mosebuch, wo Mose ebenfalls ein eheliches Fasten anordnet.
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Martin Luther hat gesagt, das Fasten sei eine feine und gute Übung – allerdings nicht das wichtigste Glaubensstück. Daraufhin haben die evangelischen Christen gesagt: Ach, es ist nicht wichtig! Na, denn lassen wir das. Damit haben sie aber Luther gründlich mißverstanden – und auch die Bibel.
Jesus hat gesagt: Jetzt, wo ich leiblich auf der Erde bin, ist Freudenzeit, und in der Freudenzeit fastet man nicht. Wenn ich aber in den Himmel aufgefahren bin, dann ist Kampfeszeit. Dann werden meine Jünger fasten. Wenn man dieses Jesuswort sehr hart ausdeutet, sagt Jesus damit:
Wer nicht fastet, ist nicht mein Jünger.
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Wozu ist das Fasten gut? Ich kenne einen Organisten, der sagt: Wenn ich am Abend ein Orgelkonzert gebe, faste ich den ganzen Tag. Ich kann dann besser spielen. In diesem Sinn wußten auch die Juden zu Jesu Zeiten, wie auch die alte Kirche: Wer sinnvoll und vernünftig fastet, kann besser beten.
Der Mensch ist normalerweise immer mit seiner Arbeit, mit seinen Zielen und Plänen, mit seinen Freuden und Sorgen beschäftigt. An Gott zu denken und intensiv zu beten, fehlt ihm die Zeit und die innere Ruhe.
Wenn er gut gegessen hat, ist er eine Zeitlang satt und faul, danach beginnt aber seine Aktivitätsphase. Weder ein satter Bauch betet gern noch ein aktiver Mensch. Wenn wir aber fasten, sind wir weder satt und faul noch aktivitätstrotzend. Wer jetzt das Gefühl des Hungers beiseite schieben kann, kommt in einen merkwürdig zeitlosen Zustand. Was man alles später noch erledigen muß oder was man für Zukunftspläne hat, wird gleichgültig. Man lebt intensiver im Jetzt; man hört die Vögel deutlicher singen und den Lärm des Straßenverkehrs. Wer sich jetzt zum Beten zwingt, fühlt sich nicht unter Zeitdruck gesetzt. Jetzt sprudeln die Worte des Gebets von selbst. Jetzt fühlt man viel deutlicher als sonst die Liebe Gottes als Antwort auf sein Gebet.
Allerdings: Intensives Fasten und nervige Arbeit schließen sich gegenseitig aus. Wer fastet, sollte nicht am Computer arbeiten, sonst ist er leicht genervt; er wird unfreundlich und von besser-beten-Können kann keine Rede sei.
Auch hektische Musik und jedes Fernsehen hebt die Kraft des Fastens auf. Wer echt fasten will, sollte als Hausfrau nur mit halber Kraft arbeiten und als Mann am Besten gleich Urlaub nehmen. Jedenfalls ist es in unserer modernen, hektischen Welt nicht einfach, intensiv zu fasten. Darum will ich auch jetzt nicht mehr über das große Fasten reden, sondern vor allem über das kleine Fasten vor dem Gottesdienst.
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Wer am Sonntag um 10 Uhr in den Gottesdienst geht, sollte an diesem Morgen möglichst nichts essen. Er sollte vielleicht eine Tasse Kaffee oder Tee trinken, aber nichts essen. Ein voller, satter Bauch betet nicht gern; und wenn die Sattheit im Gottesdienst umschlägt in die Aktivitätsphase, ist das auch nicht gut. Du denkst dann plötzlich bei der Predigt, was du heute noch tun willst, wie es mit dem Mittagessen werden soll und wohin du heute Nachmittag mit dem Auto fährst, oder welche Arbeit du dir - leider - für den Sonntag vorgenommen hast.
Du kommst weniger beschenkt aus dem Gottesdienst, weil du nicht weißt, wie wichtig dieses kleine Fasten ist. Verzichte auf das Sonntagmorgen-Frühstück, und du hast doppelt so viel vom Gottesdienst.
Jetzt werden viele unter uns sagen: Das geht nicht. Ich bin nicht allein in der Familie. Das Sonntagmorgen-Frühstück ist meinem Mann heilig! Oder: Meine Kinder würden rebellieren. Auch das kleine Fasten vor dem Gottesdienst ist gänzlich undurchführbar.
Ja, ihr Lieben, da seht ihr, wie wichtig es ist, einen wirklich gläubigen Mann zu haben, und wie schön es wäre, wenn die ganze Familie gläubig wäre. Es gibt aber auch die Möglichkeit zu fasten, während man mit seiner eßfreudigen Familie an einem Tisch sitzt.
Trink eine Tasse Kaffee oder zwei und iß einen einzigen Becher Magermilchjoghurt – möglichst ohne Zucker. Beteilige dich gutgelaunt am Frühstücksgespräch, dann fällt es nicht auf, daß du praktisch nichts ißt. Der eine Becher Magermilchjoghurt ist keine feste Speise, du kannst ihn als Getränk betrachten; und du wirst merken, daß du so vorbereitet, mehr vom Gottesdienst hast. Deinen Hunger, der vielleicht im Gottesdienst erwacht, lenkst du um auf das Abendmahl. Du vergeistigst, du sublimierst deinen Hunger.
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Ich muß aber auch noch etwas zur ehelichen Zurückhaltung sagen, die man auch „levitisches Fasten“ nennen kann, denn die Priester und Leviten des Alten Testaments durften drei Tage lang keine Frau berühren, wenn sie in den Tempel gehen und dort ihren Dienst tun wollten. Dieses levitische Fasten empfiehlt der Apostel Paulus auch den Christen zum besseren Beten:
Entziehe sich nicht eins dem andern, es sei denn mit beider Bewilligung eine Zeitlang, daß ihr zum Beten Ruhe hab.
Die Kirche hat aus dieser und anderen Bibelstellen den Schluß gezogen, daß ein normales Gemeindeglied, wenn es verheiratet ist, 24 Stunden vor dem Gottesdienst eheliche Zurückhaltung üben soll. Auch bei diesem ehelichen Faste werden geheime Kräfte frei, die dem Christen im Gottesdienst helfen.
Auch hier gibt es möglicherweise Probleme mit dem Ehepartner. Aber auch hier wird der kluge Christ seinen Weg finden.
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Das Wort Gottes erwartet von uns das Fasten. Wenn schon nicht das große 40tägige Fasten vor Ostern, so doch zumindest das kleine Fasten vor dem Gottesdienst. Jesus Christus hat gesagt:
Es wird die Zeit kommen, daß meine Jünger fasten.
Willst du nicht auch ein Jünger Jesu sein?